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Interview HR 4 (2002)

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"Mehr als nur eine Materialsammlung"


Mundart- Der Goddelauer Günther Wolf hat bereits zwei Bände voller Riedstädter Wörter und Redewendungen veröffentlicht

GODDELAU. Bücher hat er immer schon geliebt, nichts Gedrucktes ist vor ihm sicher. Dass er aber selbst einmal unter die Autoren gehen würde, hat sich Günther Wolf, ehemals Prokurist eines Stahlgroßhandels, während seines Berufslebens nicht vorstellen können.
Schuld an dem Sinneswandel hatten die Enkel. „Opa, was ist eine Nee?", fragten unschuldig Nora und Marco, als der Opa am Mittagstisch erzählte, dass es früher eine Fähre (Nee) statt einer Brücke in Erfelden gegeben habe. „Ja, wenn die dritte Generation Goddelauer das schon nicht mehr weiß, musst du dringend etwas tun", dachte sich der geschockte Großvater. Das war der Beginn einer zweieinhalbjährigen Materialsuche.
Viele Wörter kannte der geborene Goddelauer selber, den Rest trug der große Verwandten- und Bekanntenkreis bei. Als besonders ergiebig erwies sich ein Treffen bei der mittlerweile verstorbenen Tante Greta. Tante Greta selbst und dazu geladene Bekannte überboten sich geradezu vor mundartlichen Begriffen. Schließlich hatte Günter Wolf nach einer geduldigen und akribischen Suche eine stattliche Wörterliste und Sammlung redensartlicher Sprüche beisammen.
2002 erschien der erste Band des Riedstädter Wörterbuchs mit dem Titel „Kumm ich heit net, kumm ich moije!" im Verlag des Sohnes Walter Wolf, von dem auch die zahlreichen Fotos der Riedstädter Ortsteile stammen. Von a wie „aa" (auch) bis z wie „Zwoggel" (kleiner Kerl) bietet das „Bischelsche" (Büchlein) Nachhilfeunterricht für mundartlich nicht so sattelfeste Riedstädter und Überlebenshilfe für Zugezogene. Mit Hilfe der Wörterliste lassen sich dann auch die zahlreichen Sprüche übersetzen wie „Ejeed Dibbsche hodd soi Deggelsche" oder der Sinnspruch für Journalisten: „War laong freegd, geht laong ärr". Gewissenhaft weist Günter Wolf darauf hin, dass die Crumstädter redensartlich etwas aus der Riedstädter Reihe tanzen und listet auch die Abweichungen auf.
Schon im nächsten Jahr folgte dann Wörterbuch-Band zwei „Gehuppt wie geduppt!" Nach der längen Vorlaufzeit für den ersten Band war das Rekordzeit. „Schließlich waren wir jetzt schon geübt", schmunzelt Günther Wolf. Außerdem wusste er nun bereits, wen er fragen konnte. Viele Alteingesessene sprachen ihn von sich aus an und steuerten noch nicht veröffentlichte Redensarten und Begriffe bei. Von „Aabeberscht" (Klobürste) bis „Zwenger" (enger Durchgang zwischen zwei Gebäuden) kam auch diesmal wieder eine umfangreiche Liste zusammen. Sprichwörter, Redensarten und Lieder fehlen ebenfalls nicht. Den zweiten Band bebildern alte Fotos, die die Wolfs von Privatleuten und den Museen in Leeheim, Erfelden, Wolfskehlen und Crumstadt zur Verfügung gestellt bekamen.
In beiden Büchlein belässt es Günther Wo1f nicht bei einer reinen Materialsammlung. Ergänzt hat er das Wörterbuch mit Geschichten zum Schmunzeln aus den einzelnen Ortsteilen und einer Beschreibung der zahlreichen Riedstädter Sehenswürdigkeiten. Beide Bände des Riedstädter Wörterbuchs sind für je zehn Euro in der Gemeindeverwaltung in Goddelau, den Riedstädter Museen und den Ppstagenturen erhältlich.
amo


Groß Gerauer Echo 26.10.2006